Die wahren Ursachen der menschlichen Geschlechtsunterschiede

Die wissenschaftliche Debatte über das Ausmaß und den Ursprung der menschlichen Geschlechtsunterschiede scheint endlos zu sein. Wie man sich vorstellen kann, sind die Auseinandersetzungen oft recht erbittert, und die damit verbundenen Positionen unterscheiden sich stark im Hinblick auf den relativen Fokus auf soziale oder biologische Einflüsse auf Geschlechtsunterschiede. Die vorherrschende Meinung in den Sozial- und Verhaltenswissenschaften ist, dass die menschlichen Geschlechtsunterschiede in der Regel nur geringfügig sind, größtenteils einen sozialen Ursprung haben und durch Genderrollen bedingt sind (siehe unten) [1],[2] .

Die Befürworter dieser Sichtweise geben der Biologie den Vorzug bei Merkmalen, die so gut wie unmöglich zu widerlegen sind, wie z. B. der Geschlechtsunterschied bei der Körpergröße, tun diese aber schnell als unbedeutend für die moderne Welt ab. Die Erklärung der Geschlechtsunterschiede durch die Genderrollen erfreut sich sowohl innerhalb als auch außerhalb der Wissenschaft großer Beliebtheit, ein Grad an Akzeptanz, der – angesichts der zahlreichen gegenteiligen Beweise – als einer von Mackays außergewöhnlichen populären Irrglauben gilt. [3] [Anm. d. Übers.: Mackay war Schottischer Schriftsteller und Journalist im 19. Jh. Er war Autor des Buches Zeichen und Wunder. Aus den Annalen des Wahns]

Hier beschreibe ich, wie die Geschlechterrollen („gender roles“) angeblich die menschlichen Geschlechtsunterschiede prägen und warum diese Theorien nicht greifen. Letztere veranschauliche ich anhand der sozialen Entwicklung und des Spielverhaltens von Jungen und Mädchen, da man davon ausgeht, dass diese aus den geschlechtsspezifischen Überzeugungen und Verhaltensweisen von Eltern, Werbeträgern (z. B. von Spielzeug) und anderen Personen (z. B. Lehrern) resultieren. Noch bedeutender ist die Annahme, dass diese frühen Geschlechtsunterschiede und alle sozialen Einflüsse darauf die Kinder auf einen Weg bringen, der die stereotypen Geschlechtsunterschiede im Erwachsenenalter aufrechterhält, z. B. dass mehr Männer als Frauen Ingenieure werden. Ein damit verbundener und recht anmaßender Glaube ist, dass soziale und psychologische Geschlechtsunterschiede beseitigt werden können, indem man die Überzeugungen junger Kinder über stereotype Geschlechterrollen ändert und sie unter anderem dazu ermutigt, geschlechtsneutrale Spiele und Spiele, die eher dem anderen Geschlecht zuzuordnen sind, zu spielen.

Genderrollen

Menschen besitzen viele Stereotypen über Jungen und Männer und Mädchen und Frauen, und die meisten von ihnen sind zutreffend und unterschätzen, wenn überhaupt, das Ausmaß der tatsächlichen Geschlechtsunterschiede[4],[5],[6]. Die Schlüsselfrage ist, ob diese stereotypen Überzeugungen eine sich selbst erfüllende Prophezeiung darstellen oder ob sie weitgehend eine Beschreibung der Geschlechtsunterschiede sind, die Kinder und Erwachsene in ihrem täglichen Leben beobachtet haben.

Für viele Theoretiker sind diese Stereotypen eine sich selbst erfüllende Prophezeiung, die durch ein System von Überzeugungen, die so genannten Gendererrollen („gender roles“), funktioniert. Diese umfassen die Verhaltensweisen, Einstellungen, sozialen Erwartungen und die soziale Stellung von Männern und Frauen in den meisten Gesellschaften[7].  In einer sehr einflussreichen Theorie schlugen Eagly und ihre Kollegen vor, dass Meinungen zu Genderrollen deskriptive und injunktive (vorschreibende) Normen umfassen [2],[7]. Erstere sind Beschreibungen stereotyper Geschlechtsunterschiede, letztere sind Erwartungen darüber, wie sich Jungen und Mädchen sowie Männer und Frauen verhalten sollten. Beide Arten von Normen werden zum Teil durch geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf Gemeinschaft und Handlungswillen („agency“) bestimmt. Frauen haben im Durchschnitt mehr gemeinschaftliche Züge als Männer, die sich “in Selbstlosigkeit, Sorge um andere und dem Wunsch, mit anderen eins zu sein” äußern, während Männer im Durchschnitt mehr instrumentelle („agentic“) Züge als Frauen haben, die sich in “Selbstbehauptung, Selbsterweiterung und dem Drang zu beherrschen”[7] (S. 16) äußern. [Anm. des Übersetzers: „agentic“ (vom Hauptwort „agency“) wird von Eagly et al definiert als „Verhalten, das unabhängig, souverän, durchsetzungsfähig und instrumentell kompetent ist]

Es wird argumentiert, dass die geschlechtsspezifischen Unterschiede in Bezug auf Gemeinschaft und Handlungswillen durch die unterschiedlichen sozialen und wirtschaftlichen Rollen beeinflusst werden, die Frauen und Männer in den meisten, wenn nicht sogar in allen Gesellschaften in unterschiedlichem Maße einnehmen. Von besonderer Bedeutung ist die stärkere Beteiligung von Frauen an häuslichen Tätigkeiten wie der Kinderbetreuung und die stärkere Beteiligung von Männern an bezahlter Arbeit oder körperlich anstrengender Ressourcenbeschaffung (z. B. Jagd). Diese Rollen werden wiederum durch eine Kombination aus physischen Geschlechtsunterschieden, kontextuellen Faktoren und der Art der wirtschaftlichen Tätigkeit (z. B. Landwirtschaft) beeinflusst. Ein Ergebnis des Geschlechtsunterschieds beim Handlungswillen ist, dass mehr Männer als Frauen hochrangige Berufe und politische Schlüsselpositionen besetzen.

Ein Kernargument ist, dass der (im Durchschnitt) höhere soziale Status von Männern im Vergleich zu Frauen nicht nur die gemeinschaftliche bzw. instrumentelle Rollen von Frauen bzw. Männern stärkt, sondern auch die Entstehung damit verbundener Geschlechtsunterschiede – durch injunktive Normen – im sozialen Verhalten beeinflusst[8]. Zwar räumen die Theoretiker der Genderrollen ein, dass viele Faktoren zu diesen Geschlechtsunterschieden beitragen, aber der Kernpunkt ist, dass die meisten von ihnen durch die Einhaltung injunktiver Normen verursacht werden[7].

Theoretisch verwenden Frauen und Männer diese Normen, um ihr eigenes soziales Verhalten zu bewerten und mit den sozialen Erwartungen in Einklang zu bringen sowie um das Verhalten anderer Menschen zu bewerten. Es geht also nicht nur darum, dass Jungen und Mädchen injunktive Normen verinnerlichen und auf ihr eigenes Verhalten anwenden, sondern auch darum, dass andere Menschen Belohnungen und Bestrafungen für die Einhaltung und Verletzung dieser Normen austeilen. Ein Problem bei diesem Argument ist, dass geschlechtsspezifische stereotype Verhaltensweisen in allen Kulturen anzutreffen sind, auch in solchen, in denen es keine expliziten deskriptiven oder injunktiven Normen gibt[9]. Genderrollentheorien können verdreht werden, um diese universellen menschlichen Geschlechtsunterschiede zu erklären, aber keine noch so große Verdrehung kann die gleichen Geschlechtsunterschiede bei anderen Spezies umschiffen.

Wie beim Menschen sind die Männchen agentischer in der überwiegenden Mehrheit der Arten aufgrund des Wettbewerbs mit anderen Männchen um Status oder Ressourcen, die sie benötigen, um Partner anzuziehen oder die Paarungswünsche der Weibchen zu erfüllen[10],[11]. Wenn die Nachkommen Erziehung brauchen, sind es in der Regel die Weibchen, die diese leisten. Diese von Natur aus gemeinschaftlichen Verhaltensweisen unterscheiden sich zwangsläufig bei weiblichen und männlichen Säugetieren und sind bei Primaten gut dokumentiert[12],[13].

Das Argument, dass Geschlechtsunterschiede größtenteils das Ergebnis von vorschreibenden Normen sind, findet großen Anklang, weil solche Theorien eine Illusion von Kontrolle schaffen und politisch schmackhafter sind als ein substanzieller biologischer Einfluss darauf. Wären die Genderrollentheorien weitgehend richtig, dann könnten alle Geschlechtsunterschiede in Bezug auf den sozialen Status, das soziale Verhalten usw. potenziell beseitigt werden, indem die sozialen Erwartungen an Jungen und Mädchen und damit letztendlich an Männer und Frauen verändert werden [14],[15]. Die Geschlechtsunterschiede in der sozialen Entwicklung und den frühen Spielmustern von Kindern veranschaulichen deutlich nicht nur den Versuch, anderen Menschen diese Sichtweise gesellschaftlich aufzuzwingen, sondern auch warum dies so ist, als würde man stromaufwärts laufen. Mit ständiger Anstrengung lassen sich einige Fortschritte erzielen, aber sobald diese nachlassen, spült die menschliche Natur sie weg.

Kinderspiele

In einigen europäischen Ländern wie Norwegen und Schweden steht das lobenswerte Ziel der Gleichberechtigung der Geschlechter im Vordergrund der nationalen Politik[16], aber der Teufel steckt im Detail. Der Schwerpunkt liegt in der Regel auf der Chancengleichheit, die sich jedoch oft in eine Gleichheit der Ergebnisse verwandelt, wie z. B. eine gleiche Anzahl von Männern und Frauen als Hochschulprofessoren (ein agentischer Beruf) oder die gleiche Zeit, die Frauen und Männer für gemeinschaftliche Aktivitäten (z. B. Kinderbetreuung) aufwenden.

Eine Möglichkeit, diese Vision umzusetzen, besteht nach Ansicht der Gleichsetzungsaktivisten darin, die Entwicklung geschlechtsspezifischer Verhaltensweisen und Überzeugungen zu stören, wenn die Kinder noch klein sind, oft sobald sie mit irgendeiner Art von formaler Schulbildung beginnen; Kindergärtner “müssen ihre eigenen Handlungen kontinuierlich [analysieren], damit stereotypen Genderrollen entgegengewirkt werden kann, um anhaltende Praktiken der Genderrollen zu durchbrechen und dadurch Veränderungen in der Erziehung zu erleichtern.”[17] (S. 101) In der Tat ist es das Ziel, deskriptive und injunktive Normen so zu verändern, dass Jungen und Mädchen sowie Männer und Frauen schließlich psychologisch, sozial und verhaltensmäßig ununterscheidbar werden.

Ironischerweise fördern dieselben politischen Dokumente die Handlungsfähigkeit von Kindern oder ihre Fähigkeit, ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Wenn Kinder jedoch ihre Eigenständigkeit auf eine Art und Weise zum Ausdruck bringen, die stereotypen Vorstellungen und Verhaltensweisen entspricht, wie z. B. Jungen, die sich intensiver körperlich betätigen als Mädchen, müssen Erwachsene eingreifen, um die damit verbundenen Geschlechtsunterschiede zu beseitigen. Ich vermute, dass das konsequenteste Ergebnis solcher Interventionen frustrierte Kinder sind, die zu Aktivitäten aufgefordert werden, die sie nicht besonders interessant finden. Wahrscheinlich ist es genauso frustrierend für Lehrer, die dafür sorgen sollen, dass die Interessen und Aktivitäten der Mädchen und Jungen in ihrer Obhut gleich sind.

Ein kurzer Streifzug durch die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der sozialen Entwicklung zeigt, dass die Kinder selbst das Haupthindernis für die Verwirklichung dieser utopischen Vision sind. Sie grenzen sich selbst ab und schaffen Jungen- und Mädchenkulturen. Diese Trennung erfolgt unabhängig von den Eingriffen der Erwachsenen und ist eines der am häufigsten festgestellten Merkmale des kindlichen Verhaltens.[18],[19],[20] Kinder beginnen mit der Bildung dieser gleichgeschlechtlichen Gruppen, bevor sie drei Jahre alt sind, und tun dies mit zunehmender Häufigkeit während der Kindheit. Im Kontext dieser Kulturen lernen die Kinder, mit gleichgeschlechtlichen sozialen Dynamiken umzugehen und sich an den geschlechtstypischen Aktivitäten der Erwachsenen in ihrer Kultur zu beteiligen. Kinder imitieren nicht einfach geschlechtstypisches Verhalten oder reagieren auf Unterlassungsnormen, da sie in Gesellschaften, in denen sich die sozialen und wirtschaftlichen Welten von Frauen und Männern überschneiden, dieselben Arten von getrennten Kulturen bilden.

Im Kontext dieser Kulturen und noch bevor sie sich durchgängig herausbilden, gibt es nur sehr wenige Überschneidungen zwischen den Spielvorlieben und -aktivitäten von Jungen und Mädchen,[21],[22] ,[23] einschließlich der Unterschiede in der Häufigkeit der Beteiligung an wilden („rough-and-tumble“) Spielen, Mannschaftssportarten, Puppen- und Familienspielen, unter anderen. Genderforscher erkennen einige biologische Einflüsse (z. B. die pränatale Exposition gegenüber Sexualhormonen) auf die Entwicklung dieser Geschlechtsunterschiede an, argumentieren aber gleichzeitig, dass soziale Einflüsse von überragender Bedeutung sind. Das grundlegende Argument wird durch Dinella und Weisgrams Zusammenfassung einer Reihe von Artikeln über den Zusammenhang zwischen den Geschlechterschemata der Eltern (z. B. stereotype Überzeugungen) und den Spielzeugvorlieben und dem Spielverhalten ihrer Kinder veranschaulicht:

„wir versammeln die neuesten Forschungsergebnisse zu den Faktoren, die die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei den Spielzeuginteressen von Kindern beeinflussen, wie subtile, genderbezogene Botschaften die Leistung und das Verhalten von Kindern beeinflussen und wie Erwachsene diese genderbezogenen Botschaften erzeugen und die Interessen von Kindern beeinflussen.“[24] (S. 253; kursiv hinzugefügt)

Die irrationale Überschwänglichkeit dieser Art von Kausalbehauptungen muss jedoch durch die Realität gedämpft werden. Sicherlich gibt es einen Zusammenhang zwischen elterlichen Stereotypen und Vorurteilen und denen ihrer Kinder, aber dieser bezieht sich in erster Linie auf Einstellungen (z. B. Überzeugungen über das Verhalten von Männern und Frauen) und erstreckt sich nicht auf geschlechtsspezifische Interessen und Verhaltensweisen.[25],[26] Die Unterschiede bei den geschlechtsspezifischen Spielzeugpräferenzen sind beispielsweise sehr groß, und hier gibt es kaum einen Zusammenhang zwischen den geschlechtsspezifischen Überzeugungen der Eltern und den Spielinteressen ihrer Kinder.[26]

Tatsächlich steht das explizite Wissen der Kinder über deskriptive und injunktive geschlechtsspezifische Normen nur in einem schwachen Zusammenhang mit ihrem tatsächlichen Spielverhalten und ihren sozialen Aktivitäten.[27] Kinder, die von egalitären Eltern erzogen werden, die aktiv der Geschlechtszuordnung entgegenwirken, haben Kinder mit weniger stereotypen Vorstellungen als Kinder, die in anderen Familien aufwachsen. Die Spielzeug- und Spielvorlieben dieser Kinder sind jedoch geschlechtstypisch und unterscheiden sich nicht von denen jener Kinder, die von Eltern mit stereotypen Vorstellungen erzogen wurden.[28] Schwache soziale Einflüsse auf viele Entwicklungsunterschiede zwischen den Geschlechtern werden auch durch Studien mit biologischen Männern veranschaulicht, die aufgrund von Beckenfehlbildungen und rekonstruktiven Operationen weibliche Genitalien hatten.[29] Alle diese Kinder wurden als Mädchen erzogen, berichteten jedoch von männertypischen Spielen und Interessen (z. B. Ringen, Eishockey), und keines von ihnen gab an, viel mit frauentypischen Spielen zu tun zu haben (z. B. mit Puppen). Acht von 14 Kindern, die als Mädchen erzogen wurden, wechselten schließlich zu einer männlichen Identität; fünf behielten ihre weibliche Identität bei und das andere weigerte sich, darüber zu sprechen.

Die gleichen grundlegenden Geschlechtsunterschiede finden sich bei den meisten Arten, die spielen. Einer der beständigsten ist das Kämpfen im Spiel, bei dem es sich eindeutig um eine agentische Aktivität handelt; Unterschiede sind auch bei Elternsein-Spielen, einer gemeinschaftlichen Aktivität, üblich. Die Geschlechtsunterschiede bei Spielkämpfen entsprechen den Geschlechtsunterschieden in Form und Intensität des gleichgeschlechtlichen Wettbewerbs – vornehmlich des Wettbewerbs zwischen Männchen und Männchen um die soziale Vorherrschaft – und anderen aggressiven Verhaltensweisen im Erwachsenenalter.[30],[31] In einer Übersicht über diese Literatur stellte Power fest, dass junge Männchen von Arten mit intensivem physischen Wettbewerb zwischen Männchen und Männchen im Erwachsenenalter fast immer mehr Spielkämpfe austragen als junge Weibchen.[30] Dieses Muster findet sich bei allen Beuteltierarten (z.B. rote Kängurus, Macropus rufus), Tausendfüßler (z. B. Nördlicher Seeelefant, M. angustirostris), Huftiere (z. B. Schafe, S. ibex), Nagetiere (Wanderratte, Rattus norvegicus) und Primaten (z. B. Schimpanse, Pan troglodytes), nicht aber bei ihren monogamen Vettern mit weniger intensivem gleichgeschlechtlichem Wettbewerb[31],[32] ,[33]

Soweit mir bekannt ist, gibt es bei keiner dieser Arten genderspezifische Vorstellungen, und dennoch zeigen ihre Jungen geschlechtstypische Verhaltensweisen, die auf die Fortpflanzung im Erwachsenenalter vorbereiten. Die frühe Beschäftigung mit diesen Verhaltensweisen hilft den Jungtieren, sich auf die geschlechtsspezifischen Anforderungen des Erwachsenenalters vorzubereiten, wozu auch mehr agentische Aktivitäten für die Männchen und mehr kommunale Aktivitäten für die Weibchen gehören.

Wie bei diesen unzähligen Arten erschaffen Kinder ihre eigenen Welten, die zum Teil auf den geschlechtsspezifischen Anforderungen unserer Vorfahren beruhen. Zu diesen Anforderungen gehörte eine höhere Häufigkeit von instrumentellen („agentic“) Aktivitäten unserer männlichen Vorfahren – einschließlich Gewalt zwischen Männern, um sozialen Einfluss und Ressourcenkontrolle zu erlangen – und eine höhere Häufigkeit von gemeinschaftlichen Aktivitäten unserer weiblichen Vorfahren.[34] Wie bei anderen Spezies führt der Einfluss der pränatalen und frühen postnatalen Exposition gegenüber Sexualhormonen zu Neigungen im instrumentellen (z. B. Kampfspiele) und gemeinschaftlichen (z. B. Elternsein spielen) Spiel der Kinder, und die damit verbundenen Verhaltensweisen und Fähigkeiten werden im Laufe der Entwicklung der Kinder in gleichgeschlechtlichen Gemeinschaften mit Gleichaltrigen verfeinert.

Wie alle Eltern wissen, sind diese geschlechtsspezifischen Unterschiede nicht die Folge einer elterlichen Auferlegung stereotyper Erwartungen an die Kinder. Diese Unterschiede können auch nicht durch die Erlasse von Theoretikern der Genderrollen oder von Politikern, die in zentralen Regierungen arbeiten, unabänderlich geändert werden.


Dieser Artikel wurde ursprünglich am 20. Okt. 2020 bei Quillette unter dem Titel “The Real Causes of Human Sex Differences” veröffentlicht.

David C. Geary ist außerordentlicher Professor am Fachbereich für psychologische Wissenschaften und am interdisziplinären Neurowissenschaftlichen Programm der Universität von Missouri. 

Quellenangaben

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