Fiamengo: Warum ich den Internationalen Frauentag nicht feiere
Und was ich an seiner Stelle vorschlage

Der Internationale Frauentag steht wieder einmal vor der Tür. Der 8. März ist der Tag, an dem wir aufgefordert werden, unsere Aufmerksamkeit auf die Frauen zu richten: auf ihre Leistungen und Kämpfe, ihren Mut und ihr Leid, ihre unverzichtbare Rolle in unseren Gesellschaften – und darauf, was mehr getan werden kann, vor allem mit den Steuergeldern der Männer, um sie zu fördern und zu begünstigen. Wenn ich sage “unsere Aufmerksamkeit richten”, dann meine ich das natürlich nur metaphorisch. Unsere Aufmerksamkeit ist immer auf Frauen gerichtet, ständig und unaufhörlich: in Lob, in Ehrfurcht, in Verteidigung, mit Empörung und Entrüstung.
In diesem Jahr sollen wir uns, wie auf der Website zum Internationalen Frauentag (IFT) zu lesen ist, auf das Konzept der “Gleichheit” konzentrieren und akzeptieren, dass “gleiche Chancen nicht genug sind” und dass “gleich nicht immer fair ist”. Nach 40 Jahren positiver Diskriminierung bei der Einstellung von Frauen, eines besonderen Rechtsstatus, gezielter Beförderungen und unablässiger Bestätigung – und zu einer Zeit, in der Frauen in der Bildung und auf dem Arbeitsmarkt bereits weitaus besser dastehen als Männer – fordern die Befürworter des IFT zusätzlich zu all dem frauenfreundlichen Tamtam noch mehr Chancen für Frauen, besondere Vergünstigungen, Ausnahmeregelungen, Zielvorgaben für die Einstellung von Mitarbeitern, Startkapital, staatliche Zuschüsse und andere geschlechtsspezifische Vergünstigungen. Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, verkündet die IFT-Website “mit Bedauern”, dass “die Gleichstellung der Geschlechter erst in mehr als einem Jahrhundert erreicht sein wird”.
Zu sagen, dass ich den Internationalen Frauentag nicht feiere, wäre zu milde ausgedrückt. Ich lehne ihn nicht nur ab, sondern bin der Meinung, dass dieser Tag – und all sein ekelhafter ideologischer, politischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Ballast – sofort aus dem Kalender gestrichen werden sollte.

Der Internationale Frauentag verschärft die Kombination aus Selbstverherrlichung und Selbstmitleid, die zu viele Frauen bereits an den Tag legen, wenn sie an sich selbst als Frau denken. Obwohl der Internationale Frauentag in den 1960er Jahren die Frauen davon befreien sollte, sich in erster Linie als “die Anderen” zu betrachten, wie Simone De Beauvoir es formulierte, verstärkt er stattdessen die ständige triste Selbstbetrachtung, indem er signalisiert, dass die Erfahrungen, Sorgen und Triumphe von Frauen – einfach weil sie Frauen sind – besondere Anerkennung und einen massiven Wohlstandstransfer verdienen. Das manipulierte Spiel wird durch die Tatsache offenbart, dass der Internationale Männertag (19. November) bestenfalls eine nominelle Existenz hat und jedes Jahr in fast völliger Vergessenheit gerät.
Die marxistische Theoretikerin, Schriftstellerin und Gewerkschaftsaktivistin Clara Zetkin, die allgemein als Initiatorin des IFT im Jahr 1910 gilt, stellte zumindest klar, dass Frauen notwendigerweise mit Männern zusammenarbeiten würden, um “die soziale Emanzipation der Arbeit” zu erreichen. In ihrem Aufsatz “German Socialist Women’s Movement” von 1909 wandte sie sich ausdrücklich gegen “das Credo der bürgerlichen Frauenrechtlerinnen”, dass Frauen sich mit anderen Frauen zusammenschließen sollten, um “ausschließlich für Frauenrechte zu kämpfen”. Zetkin befürwortete einen “Klassenkrieg aller Ausgebeuteten, ohne Unterschied des Geschlechts, gegen alle Ausbeuter, ohne Unterschied des Geschlechts”. Dass sie auch spezielle Versammlungen und Maßnahmen zur Förderung von Frauen befürwortete, deutet auf einen Widerspruch in ihrer Ideologie hin, aber zumindest stellte ihre Plattform nicht alle Frauen als Opfer aller Männer dar.
Heutzutage fehlt auffälliger Weise die Betonung der Zusammenarbeit und der gemeinsamen Anstrengungen, die Anerkennung der Menschlichkeit, der Leistungen und der Bedürfnisse der Männer (abgesehen von der Notwendigkeit, ihre “toxische Männlichkeit” zu überwinden und sich den Frauen besser beugen) in den Verlautbarungen zum IFT, in denen die “Gleichstellung der Geschlechter” (oder “Gleichberechtigung”) ausschließlich mit der Förderung der Frauen gleichgesetzt wird.
In dieser Hinsicht ist der IFT natürlich nur ein Mikrokosmos unserer Kultur im Allgemeinen. Ob es um Selbstmord oder Drogensucht, Beschäftigung oder Inhaftierung, Obdachlosigkeit oder Tötungsdelikte geht, unsere Gesellschaften betonen immer die Auswirkungen auf Frauen, auch wenn die überwiegende Mehrheit der Selbstmorde, Drogenüberdosierungen, Todesfälle am Arbeitsplatz, Gefängnisinsassen, Obdachlosen oder Mordopfer Männer sind. Auf der IFT-Website ist ständig von “Geschlechterparität” die Rede, ohne dass auch nur einmal erwähnt wird, dass Frauen in den Bereichen Bildung, Beschäftigung, Gesundheit und Lebenserwartung seit Jahrzehnten besser abschneiden als ihre männlichen Kollegen.

Das ist ein krasses Vorurteil, und kein zivilisiertes Land sollte es gutheißen. Der IFT sollte als Relikt einer veralteten Ära bezeichnet werden, in der die Menschlichkeit der Frauen zu Unrecht höher bewertet wurde als die der Männer. Schulkindern sollte beigebracht werden, dass Länder, in denen der Internationale Tag der Frau immer noch gefeiert wird, wegen ihrer antiquierten, irrationalen und ungerechten Praktiken seltsame und gefährliche Orte für Männer und Kinder sind.
Die Streichung des IFT sollte mit einer konzertierten Aktion einhergehen, um die mit dem IFT verbundenen Erscheinungsformen von weiblicher Vorherrschaft und feministischer Bigotterie in Frage zu stellen und letztlich auszumerzen. Äußerungen der Vorliebe für die weibliche Menschheit, wie “Die Zukunft ist weiblich“, sollten der Lächerlichkeit und dem Hohn preisgegeben werden. Männerfeindliche Äußerungen, die in unseren Eliten und in der öffentlichen Kultur nur allzu häufig vorkommen, sollten ebenso inakzeptabel werden wie antisemitische und rassistische Äußerungen gegen Schwarze. Alle Menschen guten Willens sollten solche Äußerungen lautstark ausbuhen, wenn sie fallen. Jedem, der mit Statistiken über die Viktimisierung von Frauen um sich wirft, sollte mit Nachdruck die zahlreichen Belege für die Benachteiligung von Männern entgegengehalten werden.
Anstelle des Internationalen Frauentags könnte ein neuer Tag eingeführt werden, der die Zusammenarbeit und die Harmonie zwischen den Geschlechtern und nicht die Trennung und Feindseligkeit betont. Er könnte Internationaler Tag der Männer und Frauen genannt werden. Männer könnten den Frauen ihre Unterstützung zusagen, und Frauen könnten den Männern ihre Unterstützung zusagen – nur letzteres wäre etwas Neues oder Ungewöhnliches. Politiker könnten über die unterschiedlichen Bedürfnisse und Beiträge von Männern und Frauen sprechen. Vor allem Frauen könnten sich zu Wort melden, um die Männer in ihrem Leben zu würdigen und die Befriedigung und Freude aufzählen, die sie empfinden, wenn sie den Männern etwas zurückgeben und sie lieben.
Würdenträger bei den Vereinten Nationen und in verschiedenen Nichtregierungsorganisationen würden Reden über die Bedeutung von Freundschaft, Vertrauen und Zusammenarbeit zwischen Männern und Frauen halten. Schulkinder könnten Projekte darüber durchführen, wie jedes Geschlecht das andere besser verstehen kann, und sie könnten lernen, wie Männer und Frauen im Laufe der Geschichte zusammengearbeitet haben und aufeinander angewiesen waren. Werbung und Populärkultur könnten mobilisiert werden, um eine positive Botschaft über den neuen Tag zu verbreiten.
Zu lange hat der Internationale Frauentag seine geschlechtsspezifischen Ausgrenzungen offen und schamlos zur Schau gestellt und aktiv Energie, Ressourcen und Mitgefühl von Männern auf Frauen gelenkt, wobei er seinen Chauvinismus mit einer Reihe falscher Behauptungen untermauert. Jeder, der wirklich an sozialem Wohlergehen interessiert ist, sollte ihn ohne Entschuldigung ablehnen.
© Janice Fiamengo 2015-2023, alle Rechte vorbehalten, insbesondere aber nicht nur die des deutschen Urheberrechts. Vervielfältigung dieser Übersetzung nur nach Rücksprache mit mir (Tom Todd) oder der Autorin (Janice Fiamengo) unter Nennung der Quelle (“Erschienen zuerst auf genderwelten.de”).
Übersetzung © tom todd
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